Profil

Das und.Institut beteiligt sich an der »Großen Transformation« (WBGU*) hin zu einem guten Leben für alle heutigen und künftigen Erdenbewohner*innen unter Einbeziehung der lebendigen Mitwelt. Die Team-Mitglieder bringen sich ein, indem sie

  • Entwicklungsprozesse in Organisationen begleiten
  • Initiativen auf dem Terrain von Kultur und Kunst lancieren
  • Formate der Bildung für Nachhaltige Entwicklung konzipieren
  • in Beiräten und ähnlichen Gremien beraten
  • forschen, experimentieren
  • publizieren und nicht zuletzt
  • quer durch gesellschaftliche Bereiche Getrenntes neu verbinden.

 

Was genau verbirgt sich hinter den Begriffen im Namen des Instituts?

»Innovationswerkstatt Lebendigkeit neu denken« anlässlich des Erscheinens von Andreas Webers Grundlagenschrift Enlivenment mit der Heinrich Böll Stiftung in Berlin (2012). Foto: Pantea Lachin


*WBGU im nebenstehenden Text bedeutet Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. Dieser gab 2011 die Studie Welt im Wandel. Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation heraus

Vom »entweder-oder« zum »und«
Mit seinem Namen knüpft das Institut an Wassily Kandinskys Aufsatz »und« von 1927 an. Während, so Kandinsky, das 19. Jahrhundert sich ganz dem Prinzip des »entweder-oder« verschrieben habe, also der Spezialisierung, der Absonderung, der strikten Trennung von Wissenschaft, Technik und Kunst, müsse nun das »und« folgen  ein Zeitalter der Interdependenzen: »Der Anfang besteht in der Erkenntnis der Zusammenhänge. Immer mehr werden wir sehen können, dass es keine `speziellen´ Fragen gibt, die isoliert erkannt oder gelöst werden können, da alles schließlich ineinandergreift und voneinander abhängig ist. Die Fortsetzung des Anfangs ist: weitere Zusammenhänge zu entdecken und sie für die wichtigste Aufgabe des Menschen auszunützen für die Entwicklung.« (Kandinsky)

Darüber hinaus steht »und« im Namen des Instituts auch für die nötige Überwindung des Dualismus von Mensch und Natur. In dem Manifest Lebendigkeit sei! Für eine Politik des Lebens. Ein Manifest für das Anthropozän von Andreas Weber und Hildegard Kurt, beide Mitglieder des und.Instituts, heißt es dazu: »Das Anthropozän lässt sich nur überstehen, wenn wir begreifen, dass nicht nur der Mensch die Natur durchdringt, sondern dass etwas uns ausmacht, das nicht anthropogen ist: unsere sich selbst organisierende, in Begriffen unverstehbare, in die Wirklichkeit von Ökosystemen eingewobene Lebendigkeit. Zu deren Merkmalen zählen Offenheit, Vielfalt, Potenzialität, die Gabe, Kraft und Gegenkratt, Austausch, Metamorphose, sowie das existenzielle Paradox aus Vereinzelung und Verbundenheit.«

Mit den Büchern des Biologen und Philosophen Andreas Weber, aber auch mit Aktivitäten wie der erdfest-Initiative, Singing Planet und wERDschätzung erkundet das und.Institut Wege, um die »Große Transformation« verstärkt aus dieser schöpferisch-lebendigen Wirklichkeit heraus zu gestalten.

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Wassily Kandinsky, Komposition 1,
 Erstes abstraktes Bild, 1910.
 © VG Bild-Kunst, Bonn

Vgl. Wassily Kandinsky, »und«, in: ders., Essays über Kunst und Künstler, Bern: Benteli, 1973, S. 107f.

Andreas Weber und Hildegard Kurt, Lebendigkeit sei! Für eine Politik des Lebens. Ein Manifest für das Anthropozän. Edition thinkOya 2015, hier S. 13.

Zukunftsfähigkeit

Das und.Institut gehört zu den wenigen Akteuren im deutschsprachigen Raum, die bereits am Anfang des Jahrhunderts nach der kulturellen Dimension von Nachhaltigkeit (Zukunftsfähigkeit) fragten. Hildegard Kurt, Mitbegründerin des Instituts, war Mitinitiatorin des Tutzinger Manifests für die Stärkung der ästhetisch-kulturellen Dimension von Nachhaltigkeit (2001). Das Tutzinger Manifest forderte die nationale und die internationale Politik auf, mehr als bisher die Ressource Kultur in die Strategien zur Verwirklichung von Nachhaltigkeit einzubeziehen. In 2003 griff der Rat für Nachhaltige Entwicklung diese Initiative auf.

Der 2002 von Hildegard Kurt und Bernd Wagner herausgegebene Sammelband Kultur Kunst  Nachhaltigkeit. Die Bedeutung von Kultur für das Leitbild Nachhaltige Entwicklung ist inzwischen zu einem Standardwerk für die kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit geworden.

In dem Essayband Die neue Muse. Versuch über die Zukunftsfähigkeit von 2017 geht Hildegard Kurt der Frage nach, wie Neues in die Welt kommen kann. Wobei »neu« hier nicht neue Spielarten des Kapitalismus, neue technische Vereinnahmungen oder neue Dimensionen des Terrors bezeichnet, sondern sozial und ökologisch gerechte Gesellschaften. Von da aus unternimmt das Buch in Zeiten der Zukunftsangst den Versuch, das Leitbild Zukunftsfähigkeit aus seiner Verkapselung zu befreien.

Analog zur Theorie U, bekannt geworden durch den Transformationsforscher Otto Scharmer, erkundet Die neue Muse Zukunftsfähigkeit als das zutiefst staunenswerte Vermögen, von der Zukunft her wahrzunehmen, zu denken, zu gestalten. Die hierfür nötige offene, resonanzfähige Geisteshaltung findet ein Sinnbild in der »neuen Muse«, deren Erscheinen Joseph Beuys bereits Anfang der 1980er Jahre angekündigt hatte. In der Praxis – nicht zuletzt von Organisationen – ist das kreative Wir Träger solcher Zukunftsfähigkeit.

Mit vielfältigen Aktivitäten erkundet, erprobt und kultiviert das und.Institut dieses kreative Wir.

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Hg. v. Hildegard Kurt u. Bernd Wagner, Kulturpolitische Gesellschaft e.V., Reihe Dokumentation, Bd. 57, 270 Seiten, Essen: Klartext 2002, ISBN 3-89861-093-4.

Hildegard Kurt, Die neue Muse. Versuch über die Zukunftsfähigkeit. thinkOya, 2017.

Kultur der Zukunftsfähigkeit als Kultur der Lebendigkeit

Kultur – das, was unser Alltagsleben ausmacht – als »Programm zur dauerhaften Bewahrung eines Kollektivs« (Hartmut Böhme) auffassend, verschreibt das und.Institut sich einem Kulturwandel hin zu Kulturen der Lebendigkeit. Dies begann 2015 mit dem Manifest Lebendigkeit sei!, vom dem aus, gefördert durch die Cocreatio-Stiftung für Kooperation und kollektive Entwicklung, die Kairos-Stiftung und die Selbach-Umwelt-Stiftung, das Programm Erkundungsreisen in Kulturen der Lebendigkeit (2015-2017) seinen Anfang nahm.

Die aktuellen Aktivitäten unter Trägerschaft des und.Instituts   erdfest, das Singing Planet Festival und wERDschätzung – spiegeln dies wider, und zwar in einer ganz bestimmten Akzentuierung: Sie verschreiben sich dem Motto Lebendigkeit zelebrieren als Ressource für den notwendigen Wandel (siehe die gleichnamige Pressemitteilung zur erdfest-Initiative vom Sommer 2019).



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Frank Fischer (Freifrank), wERDschätzender Flashmob mit Eye-Contact in Herrsching am Ammersee, 19. Mai 2019

Kunst

Seit je ist die Kunst Nährboden für verändernde Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsweisen. Im Abendland tritt sie in Gestalt der neun Musen  Töchter des Zeus und der Mnemosyne, Göttin der Erinnerung als Mittlerin zwischen Geist und Erinnern an und damit als Mittlerin zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Insbesondere ab dem Beginn der Moderne hat die Kunst in ihrer vehement unternommenen »Anstrengung zur Mündigkeit« (Theodor W. Adorno) eine ganze Reihe von Experimenten unternommen, Erfahrungen gesammelt und auch Irrtümer begangen, die heute für die Suche nach zukunftsfähigen Lebens- und Wirtschaftsweisen überaus konstruktiv sein können.

Während das und.Institut bereits mit seinem Namen an die Klassische Moderne anknüpft, basiert seine Arbeit auch wesentlich auf dem Erweiterten Kunstbegriff von Joseph Beuys. Angesichts der existenziellen Krisen unserer Zeit müsse das Verständnis von Kunst, so Beuys, dergestalt erweitert werden, dass es die in jedem einzelnen Menschen angelegte Kreativität mit umfasst: »Die einzig revolutionäre Kraft ist die Kraft der menschlichen Kreativität.« (Beuys)

An Schnittstellen zwischen dem Kunstfeld und verschiedenen Lebenswelten schafft das und.Institut Möglichkeitsräume, wo in künstlerisch, wissenschaftlich, ökologisch und zugleich sozial ausgerichteten Initiativen Zukunftsfähigkeit gestaltet wird.

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Joseph Beuys, Partitur für Dieter Koepplin (Diagramm Plastische Theorie), 1969. Privatbesitz München. © VG Bild-Kunst, Bonn

Zu den Künstler*innen, denen das und.Institut sich verbunden weiß, zählt namentlich George Steinmann, hier mit The World and the Mind, Mixed-Media-Installation, 2006. Quellsubstanzen, Wasser, Gesteine, Heilpflanzen, Pflanzensäfte. Tisch 125x380 cm, Ausschnitt. © George Steinmann